Diese Woche ist die zweite Ausgabe vom »finanzielle« Magazin von EMOTION erschienen. »Auch in der zweiten Ausgabe kommen renommierte Expert:innen und Role Models mit ganz konkreten Tipps und persönlichen Insights zu Wort«, heißt es in der Pressemitteilung…
Meine Tipps und Insights drehen sich um Resilienz…
Was bedeutet Resilienz im beruflichen Kontext?
Resilienz ist eine psychische Superkraft! Resilienz ist die Fähigkeit eines Menschen, Herausforderungen, Rückschläge, Frustration, Stress und Krisen mithilfe persönlicher Ressourcen zu meistern.
Der Begriff (von lateinisch »resilire«, übersetzt: »zurückspringen« oder »abprallen«) stammt ursprünglich aus der Physik und definiert die Eigenschaft eines Körpers, nach einer Verformung in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren.
»Hinfallen, Krönchen richten, aufstehen, weitermachen!«: Resiliente Menschen sind Stehauf-Männchen im Wortsinn. Sie kommen immer wieder schnell auf die Beine und finden in ihre psychische Balance und Stabilität zurück.
Im besten Falle wird die Krise sogar als Anlass für die persönliche Weiterentwicklung genommen – und man geht gestärkt aus ihr hervor.
Wo und warum braucht man Resilienz im Job?
Digitalisierung, Globalisierung und die weltweite Vernetzung bestimmen unsere »Arbeitswelt 4.0«. Gesellschaft und Unternehmen sind stärker von plötzlichen Krisen und marktwirtschaftlichen Schwankungen bedroht – die Pandemie hat es eindrücklich gezeigt. Unsere Arbeit ist komplexer, schneller und unberechenbarer geworden, Stichwort: »VUCA«.
Resilienz hilft uns dabei, mit diesen Herausforderungen umzugehen, flexibel zu bleiben, uns permanent anzupassen und trotzdem stabil zu bleiben. Kurz: Sie wappnet uns für unseren Arbeitsalltag.
Und: Resilienz hilft uns dabei, erfolgreich zu agieren. Denn wenn wir im neurophysiologischen Stress-Modus sind, vergessen wir quasi, was wir können, welche Kompetenzen wir haben. Mit Resilienz gelingt es uns, den Stress zu regulieren und damit wieder Zugriff auf unsere Fähigkeiten zu erlangen. Also ist Resilienz der Schlüssel dazu, auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu sein, indem wir unsere persönlichen Stärken und Ressourcen nutzen.
Ist Resilienz besonders für uns Frauen wichtig? Warum?
Ja! Frauen sind in unserer Gesellschaft immer noch anders gefordert und belastet als Männer. Neben strukturellen Themen wie Rollenerwartungen und Mehrfachbelastungen (Beruf, Mutterschaft, Home-Schooling, Angehörigenpflege, usw), die unsere Widerstandskraft tagtäglich auf die Probe stellen, gibt es einige „typisch weibliche“ Neigungen, die Stress verstärken und negativ auf die Resilienz wirken. Damit meine ich zum Beispiel die Vorliebe von Frauen, ihre eigene Messlatte ganz besonders hoch zu hängen und auch besonders streng mit sich zu sein. Den Hang, in krisenhaften Situationen ins Grübeln zu verfallen, sich selbst anzuzweifeln und für Fehler oder Versagen verantwortlich zu machen. Die Tendenz dazu, die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen und Andere an die erste Stelle zu setzen. Oder auch die Unlust am Grenzen-setzen und Nein-sagen.
Andererseits, und das ist die gute Nachricht, haben Frauen typischerweise auch leichter Zugang zu stärkenden Praktiken wie Selbstreflexion und Achtsamkeit.
Kann man Resilienz lernen? Wie?
Die Basis für Resilienz wird in der Kindheit gebildet. Aber auch im Erwachsenenalter kann Resilienz auf- und ausgebaut werden – wenn man sich die Zeit nimmt, um verfestigte Denk- und Verhaltensmuster zu ändern.
Einen allgemeingültigen „Trainingsplan“ gibt es dabei nicht – denn jeder Mensch hat individuelle Stärken und Ressourcen, die er nutzen kann, und alte Glaubenssätze und Einstellungen, die vielleicht überprüfenswert sind.
Es gibt sieben Faktoren, die gemeinsam eine hohe psychische Widerstandskraft ergeben:
- Akzeptanz
- Positive Emotionen
- Optimismus
- Positive Selbstwahrnehmung
- Kontrollüberzeugung
- Selbstwirksamkeit
- Soziales Netzwerk
Daraus lassen sich Herangehensweisen und Tipps ableiten, mit denen wir unsere Resilienz für das Berufsleben stärken können.
- Das Unvermeidliche akzeptieren. Egal wie viel wir planen, es gibt einfach Dinge, die wir nicht beeinflussen können: Die Pandemie und deren Folgen für unseren Berufsalltag. Den cholerischen Chef. Die Reaktion des Kollegen. Die unliebsame Aufgabe usw. Der erste Schritt ist es, zu akzeptieren, dass wir nicht alles beeinflussen können. Der zweite, die Situation als Chance zu sehen und daraus zu lernen.
- Ein Glückstagebuch führen, in dem jeden Tag drei positive Ereignisse notiert werden – und wenn es nur Kleinigkeiten sind. Das lenkt den Blick auf die positiven Emotionen.
- Das Gute im Schlechten sehen. Jede Krise enthält mindestens ein Fünkchen Gutes – und sei es nur, dass sie etwas in Bewegung bringt.
- Vermeintlich schlechte Angewohnheiten umdeuten. Mit einem anderen Blickwinkel auf die eigenen ungeliebten Eigenschaften schauen, so dass sie zu Vorteilen oder Stärken werden.
- Einflussmöglichkeiten erkennen. An die eigenen Fähigkeiten glauben, die Opferrolle verlassen, aktiv werden. Und wenn wir wirklich keine Kontrolle über die Sache an sich haben (z.B. über die Entscheidung des Vorstandes), so haben wir doch immer die Kontrolle darüber, welche Bedeutung wir ihr geben, und welchen Schritt wir als nächstes gehen.
- Auf bisherige Erfolge und Fähigkeiten zurückschauen. Sich bewusst machen, was wir im Leben und im Beruf schon alles gemeistert haben. Sich erinnern an andere Krisen, die wir bewältigt haben – und wie wir das geschafft haben: Welche Stärken und Ressourcen haben wir dabei genutzt?
- Sozialkonto füllen. Ein Netzwerk im Job aufbauen, das Unterstützung und Rückhalt gibt, und Beziehungen zu Freunden und Familie stärken.
Wichtig ist, diese Techniken nicht erst dann anwenden, wenn man schon mitten drin im Stress, in der Krise ist. Besser ist es, sein Selbstbewusstsein schon präventiv zu stärken. Positives Denken ist dabei ein Schlüsselfaktor.
Und: Es geht nicht darum, Risiken zu vermeiden und sich nicht mit Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Eine Voraussetzung für den Aufbau von Resilienz ist, sich Herausforderungen ganz aktiv zu stellen.
Gibt es spezielle Übungen, die man machen kann, um Resilienz zu entwickeln?
Die wichtigste Aufgabe ist es, uns selbst den Raum zu geben, um uns über unser Mindset bewusst zu werden, und um Zugang zu unseren Gedanken und Gefühlen zu bekommen.
Achtsamkeitsübungen, Yoga, Meditation und Atemtechniken sind hilfreich. Auch ein Spaziergang oder eine Wanderung in der Natur.
Besonders viel Kraft und stärkendes Potenzial liegen in kreativen Tätigkeiten: Sie senken messbar die Konzentration des Stresshormons Cortisol!
Wer schöpferisch agiert, fühlt sich energiegeladen, begeisterungsfähig und angeregt.
Gestaltende Beschäftigungen aktivieren Ressourcen und erweitern Denk- und Handlungsspielräume. Sie lassen Menschen aufblühen – ein Phänomen, das in der Fachliteratur mit dem schönen Begriff „Flourishing“ beschrieben wird.
Ob es Basteln, Stricken, Malen, Fotografieren oder Schreinern ist, oder auch das originelle, unkonventionelle Lösen von beruflichen Problemen: Es ist auf jeden Fall einen Versuch wert, die Kreative in sich zu entdecken.